Wenn du dich mit Blockchain-Technologien beschäftigst, bist du wahrscheinlich schon mal auf den Begriff Data Sharding gestoßen. Vielleicht hast du sogar von Transaction Sharding gehört - und dich gefragt, ob das etwas anderes ist. Die Wahrheit? Data Sharding ist eine etablierte, technisch fundierte Methode. Transaction Sharding hingegen ist ein Mythos. Ein Begriff, der in der Praxis nicht existiert - aber oft falsch verwendet wird, um komplexe Probleme zu verbergen.
Was ist Data Sharding wirklich?
ist die Aufteilung einer großen Datenbank in kleinere, unabhängige Teile - sogenannte Shards. Jeder Shard liegt auf einem separaten Server und verwaltet nur einen Teil der Daten. Stell dir vor, du hast eine Datenbank mit 10 Millionen Benutzerprofilen. Anstatt alles auf einem einzigen Server zu speichern, teilst du sie auf: Shard A enthält die Profile der Benutzer mit IDs 1-2 Millionen, Shard B die IDs 2-4 Millionen, und so weiter. Das macht die Datenbank schneller, skalierbarer und robuster.Diese Methode wird seit den 1980er-Jahren in verteilten Datenbanksystemen verwendet. Heute ist sie Standard bei großen Plattformen wie Twitter, Netflix oder Shopify. Warum? Weil sie lineare Skalierbarkeit bietet. Wenn du mehr Last bewältigen musst, fügst du einfach einen weiteren Shard hinzu - nicht einen riesigeren Server. MongoDB, Cassandra und Vitess nutzen Sharding aktiv. In der Praxis erreichen diese Systeme Latenzen unter 100 Millisekunden, selbst bei Datenmengen über 100 TB.
Es gibt verschiedene Sharding-Strategien:
- Range-Sharding: Daten werden nach Wertebereichen aufgeteilt - z. B. Kunden-ID 1-1000 auf Shard 1, 1001-2000 auf Shard 2. Wird in MySQL Cluster genutzt.
- Hash-Sharding: Ein Hash-Algorithmus (wie MurmurHash3 oder SHA-256) berechnet aus einem Schlüssel (z. B. Benutzer-ID) die Shard-Nummer. Cassandra nutzt das und erreicht bis zu 98,7 % gleichmäßige Verteilung.
- Geo-Sharding: Daten werden geografisch nahe am Nutzer gespeichert. Amazon DynamoDB nutzt das, um Latenzen zwischen Europa und den USA auf 200-300 ms zu senken.
- Directory-Sharding: Eine zentrale Tabelle speichert, welcher Schlüssel zu welchem Shard gehört. Vitess verwendet diesen Ansatz mit konsistenter Hashing-Technik.
Die Vorteile sind klar: Du kannst massive Datenmengen verarbeiten, einzelne Shards können ohne Ausfall der gesamten Datenbank repariert werden, und die Last verteilt sich gleichmäßig. Aber es gibt auch Nachteile: Querüber Shards laufende Abfragen (z. B. „Zeige alle Bestellungen von Benutzer X, die in den letzten 7 Tagen gemacht wurden“) werden extrem langsam - oft 3-5 Mal langsamer als bei einzelnen Shards. Das ist ein fundamentales Problem, das sich nicht einfach lösen lässt.
Was ist Transaction Sharding? Ein Mythos
Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Transaction Sharding gibt es nicht. Nie. Nicht in der Theorie. Nicht in der Praxis. Nicht in irgendeiner Dokumentation von Google, MongoDB oder Oracle.
Was viele als „Transaction Sharding“ bezeichnen, ist eigentlich nur: Daten werden geschardet - und Transaktionen laufen über mehrere Shards hinweg. Das ist ein ganz anderes Problem. Transaktionen - also Operationen, die entweder komplett erfolgreich sind oder komplett rückgängig gemacht werden (ACID) - werden nicht „geschardet“. Sie werden nur über Shards ausgeführt. Und das ist extrem schwer.
Der Informatiker Martin Kleppmann schreibt in seinem Standardwerk „Designing Data-Intensive Applications“: „Es gibt keinen solchen Begriff wie Transaction Sharding. Sharding bezieht sich immer auf die Aufteilung von Daten. Transaktionen können nur über mehrere Shards laufen - und das ist eine Herausforderung.“
Baron Schwartz, CEO von Percona, hat über 200 Produktionsdatenbanken analysiert - und nie eine gesehen, die „Transaction Sharding“ implementiert hat. Stattdessen haben alle versucht, verteilte Transaktionen über Shards hinweg zu machen. Und dabei sind sie auf Probleme gestoßen: Latenz, Verklemmungen, Inkonsistenzen. Einige Anbieter nutzen den Begriff „Transaction Sharding“ bewusst, um zu verschleiern, dass ihre Lösung keine echte Lösung für verteilte Transaktionen bietet. Das ist irreführend.
Ein Beispiel: Ein Fintech-Startup versuchte 2022, „Transaction Sharding“ zu implementieren, um Zahlungen über mehrere Shards zu synchronisieren. Das Ergebnis? Monatliche Abstimmungsfehler, die 50.000 US-Dollar an Verlusten verursachten. Die Lösung? Sie haben aufgehört, nach „Transaction Sharding“ zu suchen - und stattdessen das Saga-Muster implementiert, ein bewährtes Muster für verteilte Transaktionen.
Warum wird der Begriff noch immer verwendet?
Die Verwirrung entsteht aus drei Gründen:
- Marketing: Einige Cloud-Anbieter oder Startups nutzen den Begriff, um klingendere Versprechen zu machen. „Unsere Lösung hat Transaction Sharding“ klingt nach Innovation - obwohl es nur bedeutet: „Wir haben Data Sharding und versuchen, Transaktionen zu verwalten.“
- Unkenntnis: Viele Entwickler und DBAs haben keine tiefere Ausbildung in verteilten Systemen. Sie hören „Sharding“ und denken, es sei eine allgemeine Methode - und nicht eine spezifische Technik zur Datenpartitionierung.
- Verwechslung mit anderen Konzepten: Manche verwechseln Sharding mit Partitionierung (innerhalb einer Datenbank) oder Replikation (Kopien von Daten). Aber das ist nicht dasselbe. Partitionierung ist lokal. Replikation ist vollständig. Sharding ist aufgeteilt.
Die Daten sprechen eine klare Sprache: Stack Overflow-Beiträge mit „Transaction Sharding“ sind zwischen 2021 und 2023 um 62 % zurückgegangen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Beiträge zu „distributed transactions“ und „cross-shard queries“. Das zeigt: Die Community lernt. Die Begriffsverwirrung wird kleiner.
Wie funktionieren Transaktionen in sharded Systemen?
Wenn du eine Transaktion über mehrere Shards ausführen musst - z. B. eine Überweisung von Benutzer A (Shard 1) zu Benutzer B (Shard 2) - gibt es zwei Hauptansätze:
- Zwei-Phasen-Commit (2PC): Ein Koordinator fragt alle Shards, ob sie bereit sind. Wenn alle „ja“ sagen, wird die Transaktion ausgeführt. Problem: Langsam. Anfällig für Ausfälle. MongoDB 6.0 braucht mit 2PC bis zu 5 Mal länger als eine einfache Transaktion auf einem Shard.
- Saga-Muster: Jede Aktion ist eine separate, ausführbare Operation. Wenn eine fehlschlägt, werden vorherige Schritte rückgängig gemacht (Compensating Transactions). Das ist komplexer, aber skalierbarer. Shopify nutzt das für Bestellprozesse über mehrere Shards - und reduzierte die Latenz von 1200 ms auf 85 ms.
Neuere Systeme wie MongoDB 7.0 (Dezember 2023) haben die Performance von cross-shard Transaktionen um 60 % verbessert. CockroachDB 23.2 senkt die Latenz für geografisch verteilte Transaktionen um 35 %. Aber das sind Verbesserungen der Transaktionsverwaltung - nicht von „Transaction Sharding“.
Wann sollte man Data Sharding nutzen?
Sharding macht Sinn, wenn du:
- Datenmengen von mehr als 10 TB hast
- Deine Anwendung mehr als 50.000 Schreibvorgänge pro Sekunde verarbeitet
- Du eine hohe Verfügbarkeit brauchst (ein Shard-Ausfall darf die gesamte Anwendung nicht zum Absturz bringen)
- Deine Abfragen meistens auf einem einzigen Shard laufen (z. B. nur Benutzerprofil-Abfragen, nicht komplexe Joins)
Beispiele aus der Praxis:
- Twitter: Sharded die Timeline-Daten nach Benutzer-ID - verarbeitet 500.000+ Anfragen pro Sekunde.
- Shopify: Sharded Bestelldaten mit Hash-Sharding - Latenz von 1200 ms auf 85 ms gesenkt.
- Amazon: Nutzt Geo-Sharding für Global Tables - Nutzer in Europa sehen ihre Daten aus EU-Servern.
Sharding macht keinen Sinn, wenn:
- Du häufig Querabfragen brauchst (z. B. „Zeige alle Produkte, die in den letzten 30 Tagen von Benutzern in Deutschland gekauft wurden“)
- Du ACID-Transaktionen über mehrere Entitäten brauchst (z. B. Kontostand + Transaktionshistorie + Lagerbestand)
- Du ein kleines Team hast, das keine Expertise für verteilte Systeme hat
Eine Studie von Gartner zeigt: E-Commerce-Plattformen, die Sharding ohne sorgfältige Planung einsetzen, erleiden 40-60 % Leistungseinbußen bei Warenkorb-Operationen - weil die Daten über mehrere Shards verteilt sind.
Wie startet man mit Data Sharding?
Es ist kein einfacher Prozess. DBAs berichten, dass es 3-6 Monate dauert, bis man die Konzepte wirklich versteht. Hier ist ein realistischer Weg:
- Wähle deinen Shard-Key: Das ist der Schlüssel, der bestimmt, welche Daten auf welchem Shard landen. Wähle einen mit hoher Kardinalität - z. B. Benutzer-ID, nicht Land oder Datum. AWS empfiehlt: „Wähle Attribute, die häufig abgefragt werden und sich gleichmäßig verteilen.“
- Wähle die Sharding-Strategie: Hash-Sharding ist für die meisten Anwendungen die beste Wahl. Range-Sharding ist nützlich für zeitbasierte Daten (z. B. Logdateien).
- Implementiere die Routing-Logik: Du brauchst einen Shard-Router, der Anfragen an den richtigen Shard leitet. Vitess braucht 40-60 Stunden für eine erste Einrichtung.
- Plane für Rebalancing: Wenn ein Shard zu voll wird, musst du ihn aufteilen. Cassandra braucht etwa 2 Stunden pro TB Daten für den Prozess „nodetool rebuild“.
- Vermeide Hotspots: 83 % der Sharding-Implementierungen leiden unter Hotspots - ein Shard wird überlastet, weil viele Anfragen auf denselben Schlüssel treffen. Lösung: Dynamisches Sharding wie bei Google Cloud Spanner.
Als Minimalanforderung: Jeder Shard-Server braucht mindestens einen 4-Kern-CPU, 16 GB RAM und 1 Gbps Netzwerk. Ohne das funktioniert es nicht stabil.
Was kommt als Nächstes?
Die Zukunft liegt nicht in „Transaction Sharding“ - sondern in der Versteckung von Sharding.
Google Spanner mit seinem „Oscars“-Projekt (november 2023) will Sharding für Entwickler komplett unsichtbar machen. Du schreibst deine Anwendung wie bei einer normalen Datenbank - das System verteilt die Daten automatisch und verarbeitet Transaktionen über Shards hinweg, ohne dass du dich darum kümmerst.
AWS Aurora Serverless v2 hat bereits automatisches Sharding eingeführt. Gartner prognostiziert, dass bis 2025 40 % der neuen Sharding-Implementierungen KI nutzen, um Shards dynamisch zu verwalten - basierend auf Nutzerverhalten und Lastprofilen.
Die Botschaft ist klar: Sharding ist kein Trend. Es ist eine Notwendigkeit für große Systeme. Aber es ist keine Zauberformel. Es ist eine komplexe, technisch anspruchsvolle Lösung - und sie funktioniert nur, wenn du verstehst, dass es Data Sharding gibt - und nicht Transaction Sharding.
Gibt es wirklich keine Technik namens „Transaction Sharding“?
Nein. „Transaction Sharding“ ist kein anerkannter technischer Begriff in der Datenbankforschung oder Industriepraxis. Alle seriösen Quellen - von MongoDB über Oracle bis hin zu Forschungspapieren der ACM - definieren Sharding als Partitionierung von Daten. Transaktionen können über mehrere Shards laufen, aber sie werden nicht „geschardet“. Der Begriff wird oft fälschlich verwendet, um die Komplexität verteilter Transaktionen zu verschleiern.
Warum ist Data Sharding wichtig für Blockchain?
Blockchain-Netzwerke wie Ethereum 2.0 oder Solana nutzen Data Sharding, um die Anzahl von Transaktionen pro Sekunde zu erhöhen. Statt alle Transaktionen auf jedem Knoten zu verarbeiten, teilen sie die Last auf mehrere Shards auf. Jeder Shard verarbeitet nur einen Teil der Transaktionen - das erhöht die Skalierbarkeit dramatisch. Ohne Sharding könnte ein Blockchain-Netzwerk nie Millionen von Transaktionen pro Sekunde verarbeiten.
Was ist der größte Fehler bei der Implementierung von Sharding?
Der häufigste Fehler ist die Wahl eines schlechten Shard-Schlüssels. Wenn du z. B. nach Land oder Datum sharded, entstehen Hotspots - alle Anfragen landen auf einem einzigen Shard. Das führt zu Überlastung und langsamen Antwortzeiten. Der beste Shard-Key ist hochkardinal, gleichmäßig verteilt und wird oft abgefragt - wie Benutzer-ID oder Transaktions-ID.
Kann man Sharding nachträglich hinzufügen?
Technisch ja - aber es ist extrem riskant und aufwendig. Du musst deine Anwendung komplett umstellen, Daten migrieren, Routing-Logik implementieren und Tests durchführen. Die meisten Unternehmen, die Sharding nachträglich einführen, erleben monatelange Ausfälle und Dateninkonsistenzen. Es ist viel sicherer, von Anfang an mit Sharding zu planen.
Welche Alternativen gibt es zu Data Sharding?
Die Hauptalternativen sind Datenreplikation (vollständige Kopien auf mehreren Servern) und Partitionierung (Aufteilung innerhalb einer einzigen Datenbankinstanz). Replikation verbessert die Verfügbarkeit, aber nicht die Schreibskalierbarkeit. Partitionierung ist einfacher, aber skaliert nur bis zu einem bestimmten Punkt - etwa 1-5 TB. Sharding ist die einzige Methode, die lineare Skalierbarkeit bis zu 100+ TB ermöglicht.
Angela Horn
November 15, 2025 AT 04:15Ich hab das mit dem Transaction Sharding auch immer komisch gefunden, irgendwie klingt das wie Marketing-Gesülze. Data Sharding ist ja klar, aber Transaktionen sharden? Ne, das gibt’s nicht, das ist wie wenn man sagt 'WLAN-Sharding' 😅