23Dezember
Übergangsfristen für EU-Krypto-Unternehmen unter MiCA: Was Sie jetzt wissen müssen
Veröffentlicht von Edward Windsor

Am 30. Dezember 2024 ist MiCA, die Markets in Crypto-Assets Regulation, endgültig in Kraft getreten. Für Krypto-Unternehmen in der EU war das kein einfacher Stichtag - es war der Startschuss für einen Wettlauf gegen die Zeit. Wer bis dahin nicht vorbereitet war, steht jetzt vor einer klaren Wahl: Entweder man bekommt die Lizenz, oder man muss den Betrieb einstellen. Und das gilt nicht nur für Deutschland oder Frankreich - es gilt für alle 27 EU-Mitgliedstaaten und die EWR-Länder wie Norwegen. Die gute Nachricht: Es gibt Übergangsfristen. Die schlechte: Sie sind unterschiedlich lang. Und wer sie falsch versteht, riskiert nicht nur Geld, sondern auch den Zugang zu Millionen Kunden in Europa.

Was ist MiCA wirklich?

MiCA ist keine einfache Verordnung. Es ist das erste umfassende Rechtssystem der EU für Krypto-Assets. Es regelt alles: von Stablecoins über Handelsplattformen bis hin zu Wallet-Anbietern und Krypto-Brokern. Wer als Crypto-Asset Service Provider (eine Dienstleistungsstelle, die Krypto-Assets handelt, verwahrt oder vermittelt) in der EU tätig ist, braucht ab Dezember 2024 eine offizielle Lizenz. Ohne Lizenz ist der Betrieb illegal - egal ob du ein kleiner Exchange bist oder eine große Wallet-Firma mit Tausenden Nutzern.

Früher konnten Unternehmen sich auf nationale Regeln verlassen - in Deutschland war das die Geldwäschegesetzgebung, in Litauen eine eigene Krypto-Lizenz, in Österreich eine Anmeldung beim Finanzamt. MiCA hat das beendet. Jetzt gibt es nur noch eine Regulierung: europaweit einheitlich. Und mit ihr kommt ein neues Recht: das Passporting-System. Sobald du in einem Land lizenziert bist, darfst du in ganz Europa tätig sein - ohne weitere Anträge. Das ist der große Vorteil von MiCA. Aber nur, wenn du die Lizenz hast.

Die Übergangsfristen - kein einheitlicher Zeitplan

Die EU hat den Mitgliedstaaten erlaubt, Übergangsfristen von bis zu 18 Monaten einzurichten. Das klingt nach viel Zeit - ist es aber nicht, wenn du in mehreren Ländern tätig bist. Hier ist die Realität:

  • CZ, Belgien, Polen: Übergang bis zum 1. Juli 2026. Anträge müssen bis 31. Juli 2025 eingereicht werden.
  • Litauen: Übergang bis 1. Januar 2026.
  • Letland, Ungarn, Niederlande, Slowenien, Finnland: Fristen im Juni 2025.
  • Norwegen (EEA): Übergang bis zum 30. Dezember 2025.

Das ist kein Zufall. Länder wie die Niederlande und Malta haben sofort mit der Ausstellung von Lizenzen begonnen - schon am 30. Dezember 2024. Deutschland folgte im Januar 2025. Inzwischen wurden über 40 Lizenzen vergeben, die meisten in den Niederlanden und Deutschland. Andere Länder hingegen sind langsam. Das bedeutet: Wer in einem Land mit langer Frist registriert ist, aber Kunden in Finnland hat, muss sich an die kürzere Frist halten.

Krypto-Firma mit Servern in mehreren EU-Ländern, die auf die kürzeste Frist achten muss.

Die gefährliche Fallgruppe: Cross-Border-Operationen

Viele Krypto-Unternehmen sind nicht nur in einem Land aktiv. Sie haben Kunden in Frankreich, Vertriebspartner in Polen und Server in Irland. Das ist normal. Aber MiCA macht das kompliziert.

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat klargestellt: Wenn du in mehreren Ländern tätig bist, musst du dich an die kürzeste Übergangsfrist halten, die in einem der Länder gilt. Stell dir vor, du bist in Polen registriert - da hast du bis Juli 2026 Zeit. Aber du verkaufst deine Wallet-Dienste auch an Nutzer in Finnland. Finnland hat bis Juni 2025. Das bedeutet: Du musst deine Lizenz bis Juni 2025 haben. Sonst darfst du ab Juli 2025 keine Dienste mehr an finnische Kunden anbieten - selbst wenn du in Polen lizenziert bist.

Das ist kein theoretisches Szenario. ESMA hat bereits mehrere Unternehmen gewarnt, die genau das gemacht haben. Die Folge? Kundenverlust, rechtliche Risiken, und der Verlust des Vertrauens. Die Behörden in den einzelnen Ländern müssen jetzt miteinander kommunizieren - und sie tun es. Du kannst nicht mehr einfach hoffen, dass niemand merkt, dass du in einem Land ohne Lizenz operierst.

Was ist mit den „Großvaterregelungen“?

Viele Unternehmen glauben, dass sie einfach weitermachen können - weil sie schon registriert waren. Das ist ein Irrtum. MiCA kennt sogenannte Grandfathering-Regelungen. Das heißt: Du darfst weiterarbeiten, solange du deinen Antrag stellst. Aber du bist kein MiCA-CASP. Du hast keine Lizenz. Und das hat Konsequenzen.

Ohne Lizenz darfst du nicht passportieren. Du kannst nicht einfach von Deutschland aus in Spanien, Italien oder Schweden Kunden akquirieren. Du bist auf das Land beschränkt, in dem du registriert bist. Und wenn deine Antragsbearbeitung länger dauert als die Übergangsfrist - dann bist du raus. Keine Dienste mehr. Keine Ausnahmen.

Finnland ist ein Beispiel dafür, wie schnell das passieren kann. Die finnische Finanzaufsicht (FIN-FSA) hat bis Ende Oktober 2024 genau sieben Anträge von bestehenden Anbietern erhalten. Kein einziger finnisches Unternehmen hatte bis dahin eine MiCA-Lizenz. Jetzt warten sie auf die Entscheidung. Falls die FIN-FSA ablehnt - und das ist möglich - dann müssen diese sieben Unternehmen ihren Betrieb sofort einstellen. Kein Übergang. Keine zweite Chance.

Gerichtssaal mit MiCA-Lizenz und Geldstrafe, Kunden verlassen ein geschlossenes Krypto-Unternehmen.

Was muss ein Unternehmen jetzt tun?

Wenn du in der EU tätig bist, gibt es nur eine Antwort: Handeln. Nicht warten. Nicht hoffen. Nicht auf andere vertrauen.

  1. Prüfe, in welchen Ländern du Kunden hast. Notiere dir alle Länder, in denen du Dienste anbietest - auch wenn du nur 10 Nutzer hast.
  2. Finde die kürzeste Übergangsfrist. Das ist deine Deadline. Nicht die längste. Nicht die, in deinem Land. Die kürzeste.
  3. Stelle den Antrag sofort. Die Behörden sind überlastet. Die Bearbeitungszeiten dauern Monate. Wenn du im März 2025 anträgst, aber deine Frist ist im Juni - bist du schon zu spät.
  4. Prüfe deine Compliance. MiCA verlangt: klare Unternehmensführung, nachgewiesene Kompetenz der Führungskräfte, ausreichend Eigenkapital, sichere Datenverarbeitung, Konfliktsmanagement. Du brauchst Dokumente - nicht nur eine E-Mail.
  5. Informiere deine Kunden. Wenn du nicht rechtzeitig lizenziert bist, musst du sie warnen. Besser jetzt, als wenn sie plötzlich keinen Zugriff mehr haben.

Es gibt keine Rückkehrmöglichkeit. Kein Zurück. MiCA ist kein Vorschlag - es ist Gesetz. Und die Aufsichtsbehörden prüfen nicht nur die Anträge. Sie prüfen auch, wer ohne Lizenz weitergemacht hat. Und sie verhängen Strafen - bis zu 5 % des Umsatzes oder 10 Millionen Euro, je nachdem, was höher ist.

Was kommt als Nächstes?

Ab 2026 wird MiCA weiter verschärft. Die Regeln für DeFi-Protokolle, NFTs und algorithmische Stablecoins werden folgen. Die EU baut nicht nur eine Regulierung auf - sie baut eine neue Finanzinfrastruktur. Wer jetzt nicht mitzieht, bleibt zurück. Wer jetzt lizenziert ist, hat einen klaren Vorteil: Er kann in ganz Europa operieren. Er kann Investoren anziehen. Er kann sich als vertrauenswürdig vermarkten.

Die Krypto-Welt ist nicht mehr die Welt der Anonymität. Sie ist jetzt Teil des regulierten Finanzsystems. Und das ist kein Nachteil - es ist eine Chance. Wer sich anpasst, gewinnt. Wer wartet, verliert.

Was passiert, wenn ich meine MiCA-Lizenz nicht rechtzeitig bekomme?

Du darfst ab dem Ablauf der Übergangsfrist in diesem Land keine Krypto-Dienste mehr anbieten. Das bedeutet: Du musst den Betrieb einstellen, Kunden nicht mehr bedienen und keine Transaktionen mehr verarbeiten. Selbst wenn du in einem anderen Land lizenziert bist - du verlierst den Zugang zu Kunden in diesem Land. Strafen sind möglich, wenn du weiterhin tätig bist.

Kann ich meine Lizenz in jedem EU-Land beantragen?

Ja, aber du solltest das Land wählen, das deine Haupttätigkeit abdeckt - also wo du die meisten Kunden hast oder wo dein Hauptstandort ist. Die Lizenz gilt dann für ganz Europa. Einige Länder, wie die Niederlande und Deutschland, bearbeiten Anträge schneller. Andere sind langsamer. Wähle strategisch, nicht zufällig.

Gilt MiCA auch für private Krypto-Nutzer?

Nein. MiCA richtet sich nur an Unternehmen, die Krypto-Dienste anbieten - also Börsen, Wallet-Anbieter, Händler, Broker. Privatpersonen, die Krypto kaufen, halten oder transferieren, sind nicht betroffen. Du kannst weiterhin deine Bitcoins auf einer Börse kaufen - solange die Börse lizenziert ist.

Was ist der Unterschied zwischen einer nationalen Lizenz und einer MiCA-Lizenz?

Eine nationale Lizenz gilt nur in einem Land - zum Beispiel nur in Deutschland. Eine MiCA-Lizenz gilt in allen 27 EU-Mitgliedstaaten und den EWR-Ländern. Mit MiCA kannst du in ganz Europa operieren, ohne in jedem Land einen neuen Antrag stellen zu müssen. Das ist der Hauptvorteil.

Wie lange dauert die Lizenzvergabe normalerweise?

Die Bearbeitungszeit variiert stark. In den Niederlanden und Deutschland dauert sie durchschnittlich 4-6 Monate. In Ländern mit weniger Ressourcen kann sie bis zu 9-12 Monate dauern. Du solltest mindestens 6 Monate vor deiner Frist den Antrag stellen - nicht 3.

Muss ich auch für Stablecoins eine separate Lizenz haben?

Nein. Die Regeln für Stablecoins (Asset-Referenzierte Token und E-Geld-Token) galten schon ab Juni 2024. Sie sind Teil von MiCA. Wenn du eine MiCA-Lizenz hast, darfst du auch Stablecoins ausgeben oder handeln - vorausgesetzt, du erfüllst die zusätzlichen Anforderungen für Reservehaltung und Transparenz.

2 Kommentare

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    Angela Horn

    Dezember 23, 2025 AT 13:40

    Ich hab gestern meinen Antrag für die MiCA-Lizenz endlich abgeschickt – nach 3 Wochen mit Dokumenten rumhampeln und 2 mal die Bank anrufen, weil die Unterlagen nicht passten. Hoffe, ich bin nicht zu spät. In Berlin ist das alles so unübersichtlich. 😅

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    Georg Art

    Dezember 24, 2025 AT 14:02

    Oh wow, eine EU-Regulierung, die tatsächlich funktioniert? 🤡 Die nächste Phase ist, dass sie uns noch sagen, wie oft wir pro Woche unsere Wallet öffnen dürfen. Bald gibt’s eine MiCA-App, die uns erlaubt, Bitcoin zu halten – wenn wir 8 von 10 Compliance-Fragen richtig beantworten. #BigBrotherIsCrypto

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