19Dezember
Zukunft der Privacy Coins unter regulatorischem Druck
Veröffentlicht von Edward Windsor

Was sind Privacy Coins wirklich?

Privacy Coins sind Kryptowährungen, die so gebaut sind, dass niemand nachvollziehen kann, wer wem wie viel Geld geschickt hat. Im Gegensatz zu Bitcoin, bei dem jede Transaktion öffentlich im Blockchain-Ledger steht, verbergen Monero und Zcash Sender, Empfänger und Betrag. Das klingt nach einem Recht auf Privatsphäre - und das ist es auch. Aber es ist auch ein rotes Tuch für Aufsichtsbehörden. Seit 2025 gilt: Technische Anonymität reicht nicht mehr. Wer mit Privacy Coins arbeiten will, muss sich an Regeln halten - oder aus den großen Börsen verschwinden.

Warum werden sie reguliert?

97 Länder haben seit 2023 neue Regeln für Privacy Coins eingeführt. Der Grund? Sie werden oft mit Geldwäsche, Drogenhandel und Finanzkriminalität in Verbindung gebracht. Die US-Finanzbehörde FinCEN sagt: In 92 % aller kryptobezogenen Straftaten spielen Privacy Coins eine Rolle. Das klingt dramatisch - aber die Zahlen zeigen etwas anderes: Nur 0,34 % aller Kryptotransaktionen nutzen Privacy Coins. Trotzdem machen sie 38 % aller regulatorischen Eingriffe aus. Es ist kein fairer Kampf. Monero und Zcash werden bestraft, weil sie anonym sind - nicht weil sie häufig missbraucht werden.

Monero vs. Zcash: Zwei Wege, eine Frage

Monero macht alles anonym - von Anfang an, automatisch, ohne dass der Nutzer etwas tun muss. Ring-Signaturen, Stealth-Adressen, versteckte Beträge: Das ist die DNA von Monero. Keine Ausnahmen. Keine Hintertüren. Das macht es für Behörden nahezu unsichtbar - und für Aktivisten in autoritären Regimen unbezahlbar. Im Jahr 2024 nutzten ukrainische Hilfsorganisationen Monero, um Spenden zu empfangen, ohne die Herkunft der Gelder preiszugeben. Das rettete Leben.

Zcash hingegen bietet eine Wahl. Du kannst wählen: transparent wie Bitcoin - oder privat mit zk-SNARKs. Das klingt nach Kompromiss. Und das ist es auch. Zcash hat 2020 Viewing Keys eingeführt: Ein Schlüssel, mit dem Behörden oder Audits bestimmte Transaktionen einsehen können. Nur: Weniger als 5 % der Nutzer nutzen sie. Die Technik existiert, aber niemand will sie. Das macht Zcash für Unternehmen attraktiv - aber für echte Privatsphäre nicht.

Zcash-Transaktion mit sichtbarem Viewing Key auf einer Seite und verborgenem zk-SNARK-Beweis auf der anderen, dargestellt als technisches Diagramm.

Was passiert mit den Börsen?

Die großen Börsen haben aufgeräumt. Kraken hat Monero 2023 entfernt. Bittrex folgte. In Japan, Südkorea und Australien sind Privacy Coins seit Jahren verboten. Die EU will ab Juli 2027 alle anonymen Wallets verbieten - das ist das Ende von Monero im größten Kryptomarkt der Welt. Zcash bleibt noch ein wenig länger, weil es „regulierbar“ scheint. JP Morgan nutzt Zcash Enterprise für interne Settlements. Das ist ein Signal: Unternehmen wollen Privatsphäre - aber nur, wenn sie sie kontrollieren können.

Die Schweiz als letzte Bastion

In Zürich hat sich etwas anderes abgespielt. Im Januar 2025 hat die Schweiz das „Privacy Coin Sandbox“-Gesetz verabschiedet. Es erlaubt regulierte Tests von Privacy-Technologien unter Aufsicht der FINMA. 17 Projekte, darunter die offiziellen Teams von Monero und Zcash, haben sich angemeldet. Hier wird nicht verboten - hier wird experimentiert. Ein Modell, das andere Länder beobachten. Kann man Privatsphäre und Compliance vereinen? Die FINMA testet gerade „Privacy-Preserving AML“-Lösungen: Zero-Knowledge-Beweise, die zeigen, dass eine Transaktion legal ist - ohne Details zu enthüllen. Das könnte der Weg sein. Aber es ist kein einfacher Weg.

Wie schwer ist es, loszulegen?

Wenn du heute mit Monero beginnen willst, brauchst du mehr als eine App. Du brauchst ein nicht-kustodial Wallet wie Cake Wallet oder die offizielle Monero GUI. Dann musst du verstehen, was Stealth-Adressen sind, wie Ring-Signaturen funktionieren und warum du keine öffentlichen Adressen teilen darfst. Eine Altrady-Studie aus 2025 sagt: Neue Nutzer brauchen durchschnittlich 11,3 Stunden, um ihre erste private Transaktion abzuschließen. Bei Bitcoin sind es 2,1 Stunden. Die Lernkurve ist steil. Und wenn du in Deutschland oder Frankreich lebst, musst du auf Dezentralbörsen wie Haveno oder AtomicDEX ausweichen - mit Gebühren bis zu 4,1 %. Das ist teuer. Das ist kompliziert. Das ist nicht für jeden.

Schweizer Sandbox mit Monero- und Zcash-Knoten unter einem Glasdom, verbunden mit Zero-Knowledge-Beweisen, während regulatorische Wolken abziehen.

Die Zukunft: Zersplitterung oder Hybridlösung?

Analysten von Bernstein glauben: Bis 2027 wird sich der Markt spalten. Monero zieht sich in dezentrale Netzwerke zurück - 65 % seiner Nutzung liegen heute schon im Darknet. Zcash hingegen wächst in der Institutionenwelt: Prognosen sagen 300 % mehr Einsatz durch Unternehmen bis 2026. Aber das ist kein Sieg. Es ist eine Kapitulation. Zcash opfert seine Kernidee, um zu überleben. Monero bleibt treu - und wird immer mehr zur Nische. Die echte Frage ist: Braucht die Welt wirklich eine Kryptowährung, die nur im Untergrund funktioniert? Oder braucht sie eine, die Privatsphäre mit Recht vereint?

Was bleibt für den Nutzer?

Wenn du ein Journalist in einem repressiven Land bist - dann brauchst du Monero. Wenn du ein Pharmaunternehmen in der Schweiz bist, das Lieferketten vertraulich bezahlen will - dann ist Zcash Enterprise die bessere Wahl. Wenn du einfach nur deine Finanzen privat halten willst, ohne dich in Technik und Regulierung zu verlieren - dann gibt es heute kaum noch eine gute Lösung. Die Börsen haben dich verlassen. Die Wallets sind schwer zu bedienen. Die Gebühren steigen. Die Rechtslage ist unklar.

Was kommt als Nächstes?

Monero arbeitet an „Regulatory Node Clusters“: Optionale Knoten, die Daten teilen - aber nicht die Privatsphäre brechen. Zcash erweitert seine Compliance-Module. Beide versuchen, einen Weg zu finden. Aber die Zeit läuft. Die FATF hat im April 2025 einen kleinen Lichtblick gegeben: Sie sagt, Privacy-Technologien könnten mit AML-Regeln koexistieren - wenn sie richtig gestaltet sind. Das ist der erste Satz seit Jahren, der nicht „verbieten“ sagt, sondern „gestalten“. Vielleicht ist das der Beginn eines neuen Kapitels. Vielleicht ist es nur eine Finte. In der Zwischenzeit: Nutze Privacy Coins bewusst. Verstehe, was du tust. Und wisse: Die Zukunft gehört nicht dem stärksten Algorithmus - sondern dem, der Regeln versteht, ohne seine Seele zu verlieren.

3 Kommentare

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    Angela Horn

    Dezember 20, 2025 AT 11:04
    Ich hab Monero letzte Woche zum ersten Mal genutzt und war total überwältigt, wie schwer das alles ist. Hab 3 Stunden gebraucht, nur um eine Transaktion hinzubekommen. Und dann noch die Wallet-Einstellungen... 😅 Kein Witz, ich hab fast aufgegeben. Aber wenn man’s mal versteht, fühlt sich das an, als hätte man einen geheimen Schlüssel zur Freiheit.
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    Georg Art

    Dezember 21, 2025 AT 03:59
    Ah ja, natürlich. 'Privatsphäre' ist nur ein Deckmantel für Kriminelle. Und wer das nicht sieht, ist entweder naiv oder Teil des Problems. Die EU hat recht: Alles anonyme muss weg. Wer was zu verbergen hat, hat auch was zu befürchten. #FATFwussteBescheid
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    Ingrid Northmead

    Dezember 21, 2025 AT 09:19
    Ich find’s so wichtig, dass die Schweiz hier einen anderen Weg geht. Nicht verbieten, sondern ausprobieren. Das ist echte Führung. Und wenn man Zero-Knowledge-Beweise richtig nutzt, kann man wirklich beides haben: Sicherheit und Privatsphäre. Vielleicht ist das der Schlüssel für die Zukunft. 🌱

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